In der Therapie der dissoziativen Identiätsstörung (DIS) ist eine der ersten Methoden herauszufinden, welches der sichere Ort eines jeden Anteils ist. Das kann ein realer Ort sein – muss aber nicht. Fiktive Orte sind durchaus häufig. Ich persönlich stelle mir nur reale Orte vor, weil ich mich mental besser dorthin begeben kann. Wichtig ist, dass man sich diesen Ort mit allen Sinnen vorstellt: Wie sieht er aus? Was hat es da? Was ist der Geruch? Kann man etwas ertasten oder schmeckt man gar etwas?

Das ist zu Beginn gar nicht so einfach und es braucht ein wenig Übung, um sich diesen Ort für alle WG-Mitbewohner*innen vorzustellen. Dabei kann man einen einzelnen Ort für alle suchen, kann aber auch für jeden einzelnen Anteil einen Ort definieren. Ich habe sowohl einen Rückzugsort für alle, als auch für die einzelnen Anteile. Das erlaubt es mir, mein System spezifisch für die aktuelle „Bedrohung“ einzustellen und somit optimal zu reagieren.

Ihr könnt mir glauben: Es braucht ziemlich viel Fantasie und innere Bereitschaft sich diese Orte vorzustellen. Manchmal gelingt es und manchmal auch eben nicht. Es ist wie beim Sport – man muss es trainieren. Ich beispielsweise mache das so, dass ich von jedem Anteil ein Foto von dessen sicheren Ort besitze. Dazu höre ich dann das Lieblingslied des jeweiligen Anteils. Das macht es für mich einfacher, mir diesen Rückzugsort vorzustellen. Besonders in Stresssituation, so könnt ihr euch vorstellen, ist das Konzept des sicheren Ortes für Ungeübte schwierig, aber für Geübte eine gutes Mittel, um mit der Situation klarzukommen.
Wichtig ist, dass jeder Anteil selbst entschiedet, wer Zugang zu diesem Ort haben darf. Toby beispielsweise hat gerne Chantal mit dabei, während die anderen ihre sicheren Orte eher alleine aufsuchen. Manchmal ist es auch so, dass die sicheren Orte gewechselt werden müssen, wenn sich der ausgesucht Ort als nicht mehr sicher erweist. So geschehen bei Chantal, für die nun ein neuer sicherer Ort entstanden ist.

Dieses Konzept des sicheren Ortes gilt nicht ausschliesslich für DIS-Patient*innen, sondern kann für jeden (auch Gesunde!) ein Mittel sein, um mit schwierigen Situationen zurechtzukommen. Vielleicht hast auch du einen mentalen sicheren Ort. Falls nicht, ist es höchste Zeit, diesen zu finden 🙂
–Chantal
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