Es ist schon eine ganze Weile her, seit ich den letzten Blogbeitrag verfasst habe. Diese etwas länger dauernde „Winterferien“ hatten ihren Grund – ich bin in eine von Fachpersonen betreute WG umgezogen. Es ist ein Schritt, den ich lange vermeiden wollte, der aber aus Sicht von Fachpersonen, meiner Familien und mir eine gute Idee ist. Es kostete mich enorme Überwindung von meiner grosszügigen 4-Zimmer-Wohnung auf ein WG-Zimmer umzusteigen. Ein Möbelstück hier verkauft, da verschenkt oder einfach entsorgt – Erinnerungen, die sowohl positiv als auch negativ waren, sind nun weg.
Auf der einen Seite fällt es mir noch schwer zu akzeptieren, dass ich meine Abhängigkeit von Fachpersonen nicht mehr verstecken kann. Nun muss ich mir eingestehen, dass ich Hilfe brauche. Ich muss zugeben, dass dies stark an meinem Ego kratzt und es entspricht nicht dem Selbstverständnis, das ich mir über die Jahre aufgebaut habe. Doch hier wird deutlich, dass ich zwar auf der einen Seite sehr funktional bin, wenn es um akademische Belange geht, aber im Alltag dennoch auf Hilfe angewiesen bin.
Die letzten Monate waren beschwerlich, aber auch hoch erfreulich. Ich verbrachte zwar die Hälfte meines Studiensemesters in einer Klinik, habe allerdings zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder Semesterprüfungen abgelegt. Ich bin fast ein wenig stolz, dass ich diesen Meilenstein realisieren konnte. Es ist nicht selbstverständlich, aber das sind die Vorteile eines Fernstudiums. Es ist (meist) egal, wann und wo ich studiere, weshalb ich regelmässig Nachtschichten eingelegt habe.
Trotzdem gibt es Bereiche in meinem Leben, die sich von nun an ändern werden. Ich teile die WG mit acht weiteren Bewohnern und das Personal muss sich erst noch an mich gewöhnen (das gilt aber auch umgekehrt). Trotzdem bin ich froh, meine pflegerischen und ärztlichen Bezugspersonen behalten zu dürfen. Diese Vertrautheit brauche ich momentan, denn solche einschneidende Ereignisse führen meist zu einer gewissen Unruhe in meinem System. Es sind vor allem die Kampf-erprobten Persönlichkeitsanteile wie Arnold, Toby oder Svea, die rebellieren. Es verwundert mich nicht, dass diese Autonomie-bedürftigen Anteile nicht so ganz mit meiner Entscheidung einverstanden sind.
Doch wir leben in einer Demokratie und eigentlich wissen auch diese drei Persönlichkeitsanteile, dass dieser Schritt notwendig war. Auf jeden Fall hält sich der Aufstand in Grenzen. Es ist vor allem für die Kleinen und Bobby eine grosse Entlastung, zu wissen, dass immer eine Ansprechperson da ist und wir uns jederzeit Hilfe holen können. Ich hoffe deshalb, dass die Klinikaufenthalte in diesem Jahr Seltenheitscharakter haben werden und ich mich sammeln und neu organisieren kann. Es erscheint zwar so, als ob ich einen Schritt rückwärts machen würde. Doch in meinen Augen stand ich die vergangenen Monate mit dem Rücken zur Wand – es kann also nur vorwärts gehen 😉
–Lia
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