Reaktion auf selbstverletzendes Verhalten: 5 Do’s und Don’ts

„Welche Drogen hast du genommen?“ oder „Wie kannst du es wagen?“ - das sind Sätze, die ich oft höre, nachdem ich mich selbst verletzt habe. Außerdem werde ich oft von Menschen aus meinem Umfeld gefragt, wie sie reagieren sollen, wenn ich in einem Ich-Zustand bin, der selbstverletzendes Verhalten zeigt. Ich habe ein breites Spektrum an Reaktionen erlebt, angefangen von Leuten, die mich anschreien, bis hin zu anderen, die es ignorieren. Ich kann wirklich verstehen, dass es nicht einfach ist, mich in einem solchen Zustand zu sehen. Es gibt jedoch einige Do’s und Don’ts beim Reagieren auf eine solche Situation, die ich mit euch teilen möchte. Ich hoffe, euch damit einen „Leitfaden“ an die Hand zu geben, um in Zukunft adäquat zu reagieren. Dies gilt nicht nur für DIS-Patienten, sondern auch für alle anderen Patienten mit einer psychiatrischen Erkrankung, die mit Selbstverletzung einhergehen kann. Dies ist nicht wissenschaftlich fundiert und vielleicht werden mir einige Experten widersprechen. Der folgende (kurz und einfach gehaltene) Text ist meine persönliche Meinung zu diesem Thema.

Do’s

  • Das Wichtigste: Frag mich, ob ich eine ärztliche Behandlung benötige oder nicht.
  • Wenn nötig, geh mit mir zu einem Arzt.
  • Versuche zu verstehen, wie das passieren konnte, indem du mich einfach fragst.
  • Lass mich meine Wunden selbst versorgen.
  • Versuche, nach pragmatischen Lösungen zu suchen und sei vernünftig.

Don’ts

  • Ruf nicht a priori die Polizei oder die Ambulanz.
  • Beschuldige mich nicht, Drogen zu nehmen, die meinen Zustand erklären.
  • Verhätschle mich nicht. 
  • Mach mir keine Vorwürfe.
  • Interpretiere nicht jede Verletzung als einen möglichen Selbstmordversuch.

Diese Liste ist nicht vollständig – ich habe sie lediglich auf die meiner Meinung nach wichtigsten Punkte reduziert. Letzte Woche war ich wieder im Krankenhaus und das erste, was ich gefragt wurde, war nicht, ob ich Drogen nehme oder nicht (das ist eine gängige Frage), sondern WELCHE Drogen ich nehme. Das suggeriert, dass ich neben meinen vielen anderen Baustellen auch noch Drogen nehmen müsste – ein absolutes No-Go! Ich denke, das Wichtigste ist – habt keine Vorurteile gegenüber Menschen, die sich selbst verletzen. Nicht jede Verletzung ist ein Selbstmordversuch und bedarf der Einweisung in eine psychiatrische Klinik – auch wenn es manchmal grotesk erscheinen mag. Ich bin mir bewusst, dass es schwer ist, einen geliebten Menschen in einem solchen Zustand zu sehen. Aber ihr helft ihm/ihr am meisten, wenn ihr unterstützend seid und versucht, vernünftige Lösungen zu finden. Gebt dieser Person niemals die Schuld – sie kann oft nichts für ihre Krankheit! Was ich außerdem nicht mag, ist, wenn jemand mich verhätschelt und das Gefühl hat, überfürsorglich sein zu müssen. Ihr helft mir nicht, wenn ihr mir meine Selbstfürsorgeressourcen wegnehmt. Im Gegenteil, es ist wichtig, dass ich diese Fähigkeiten erhalte und damit meine Unabhängigkeit bewahre. Ich brauche also keine Sonderbehandlung. Alles, was ich brauche, ist eine nicht wertende Einstellung gegenüber mir. Und last but not least: Ruft nicht a priori die Polizei – das kann notwendig sein, vor allem dann, wenn ich den Ich-Zustand wechsle und mich immer noch selbstgefährdend verhalte und mich nicht beruhigen lasse. Zum Glück passiert das eher selten, aber ich kann es nicht ausschließen – ich muss ehrlich sein.

Ich bin mir bewusst, dass Selbstverletzungen bei anderen Emotionen auslösen, die sie nicht kontrollieren können. Ich persönlich gebe niemandem die Schuld, wenn er oder sie nicht so reagiert, wie ich es mir wünsche. Auch ich habe auf manche Verletzungen anderer Patienten nicht so reagiert, wie ich es mir wünschen würde. Ich denke, es ist ein Gleichgewicht und wenn ihr euch vielleicht an diese 10 Punkte erinnert, die ich vorher aufgelistet habe, könnte die Situation positiver gehandhabt werden – für mich und für euch. Ich hoffe, wir werden uns unter diesen Umständen nicht sehen. Take care!

– Chantal

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